Streetfotografie – Kleiner Ratgeber

Die Streetfotografie erfreut sich in den vergangenen Jahren auch bei Amateurfotografen einer steigenden Beliebtheit. Doch nicht alle Schnappschüsse mit dem Smartphone von einer Situation in der Stadt sind gleich zur Streetfotografie zu zählen. Die inflationäre Bezeichnung hat die Straßenfotografie als Kunstform zuletzt etwas abgewertet. Was tatsächlich Streetfotografie ist und was für gute Fotografien benötigt wird, wird nachfolgend beschrieben.

Allgemeines zur Streetfotografie: Geschichte und genrespezifische Verortung

Soll die Streetfotografie stilistisch eingeordnet werden, so steht sie wohl zwischen der Dokumentarfotografie und Bildern von Paparazzi. Wobei der Vergleich mit letzteren zumindest gewagt ist. Denn während Paparazzi-Bilder kaum mehr als verwackelte Schnappschüsse sind und bekannte Personen abbilden, ist die Straßenfotografie eine Stilrichtung der künstlerischen Fotografie. Die Straßenfotografie entsteht im öffentlichen Raum, bevorzugt in Städten, wo sie Architektur und nicht prominente Menschen in besonderer Weise in Szene setzt. Das Ideal der Straßenfotografie ist, wenn ein Bild in unterschiedlichen Betrachtern jeweils andere Assoziationen und Geschichten hervorruft. Das zentrale Objekt ist für jeden ein anderes; eine Fotografie dieses Genres bildet eine Alltagssituation gewissermaßen künstlerisch und ästhetisch ansprechend ab. Dabei ist es am besten, wenn der Fotograf selbst nicht als Fotograf wahrgenommen wird, die abgebildete Situation entsprechend unverfälscht alltäglich erscheint. Als die Straßenfotografie etwa um 1930 mit dem Aufkommen der Kompaktkamera zu ihrer ersten Blüte gelangte, wurde monochrom schwarz/weiß fotografiert. Das lag jedoch vor allem an den technischen Möglichkeiten. Heutzutage kann ein gutes Straßenfoto durchaus auch farbig sein.

Grundlagen zur Streetfotografie: die fünf wichtigen Grundsätze

Oft wird behauptet, dass es bei der Straßenfotografie keine Regeln gäbe. Das ist jedoch nicht richtig. Ohne Regeln oder wenigstens Mindestanforderungen werden Straßenfotos nur Schnappschüsse ohne jegliche Aussage oder ästhetische Qualität. Folgende Liste stellt die wichtigsten Kriterien vor, die beachtet werden sollten, um eine Fotografie zur Straßenfotografie zählen zu können und erläutert die einzelnen Punkte kurz:

  1. Achtung der Persönlichkeitsrechte. Näheres zur rechtlichen Situation wird weiter unten erläutert, doch generell gilt: eine große Kunst der Streetfotografie ist es, Personen nicht individuell erkennbar zu fotografieren und dennoch eine interessante Geschichte zu erzählen. Wird ein Streetfotograf als solcher erkannt und verlangt die abgelichtete Person, das Bild zu sehen, sollte man nicht weglaufen, sondern dem Wunsch entsprechen. Freundlich bleiben und die Menschen nicht zu bloßen Objekten erniedrigen, sollten Prinzipien für jeden guten Straßenfotografen sein;
  2. Keine Verletzung der menschlichen Würde. Personen in kompromittierenden Situationen abzubilden oder sie in einer peinlichen Situation zu fotografieren, ist keine Straßenfotografie, sondern gehört eher in den Bereich des Voyeurismus, in den auch Paparazzi einzuordnen sind. Beim Betrachten von Straßenfotografien sollte man sich nicht fremdschämen müssen;
  3. Es wird keine Situation abgebildet, sondern eine Geschichte. Denn genau das unterscheidet die Straßenfotografie von der bloßen Dokumentation einzelner Bauwerke oder einer historischen Begebenheit. Bei der zeithistorischen Dokumentation stehen oft Einzelpersonen und Emotionen im Vordergrund. Das ist bei der Straßenfotografie gerade nicht das Ziel;
  4. Geometrische Bildkomposition. Der Fotografie soll ein gut ausgerichtetes Bild mit mehreren Ebenen und Mustern sowie einem gut ausgewogenen Vorder- und Hintergrund verliehen werden;
  5. Optisch ausgewogene Situation. Hierbei geht es etwa darum, den goldenen Schnitt zu beachten, Perspektiven ins Bild einzubauen, nicht nur Frontalansichten sowie Schärfe und Unschärfe (das sogenannte Bokeh).

Gute Kameras und Ausrüstung für die Streetfotografie

Neben der guten Qualität der Bilder sollten auch Größe und Gewicht wichtige Kriterien bei der Auswahl der richtigen Kamera sein. Sie sollte in eine Jackentasche passen oder gar in die Hosentasche, so dass die Kamera jederzeit griffbereit ist. Gerade bei der Streetfotografie hat man oft keine Zeit für viele Einstellungen am Fotoapparat, weshalb hochwertigere Kompaktkameras zu empfehlen sind. Hier nur ein paar Beispiele für eine erste Orientierung:

  • Panasonic Lumix DMC-Serie (Digitalkamera / Systemkamera)
  • Samsung NX-Serie (Systemkamera)
  • Sony Alpha 5000 (Systemkamera)
  • Leica M Monochrom (Digitalkamera)

Mit den stetigen Verbesserungen der in diversen Smartphones verbauten Kameras können diese durchaus für die Straßenfotografie verwendet werden. Die Qualität der Fotografien leidet dann zwar, doch vor allem kommt es auf die jeweilige Situation auf der Straße und die Motivauswahl an. Zu beachten ist außerdem, dass Kameras mit Schwarz-Weiß-Film oder Monochrom-Digitalkameras ein deutlich besseres Ergebnis bei Schwarz/Weiß-Bildern liefern, da sie keine Farbfilter besitzen. Kontrast und Tiefen kommen so viel besser zur Geltung. Nachbearbeitungen mit Photoshop oder anderen Bildbearbeitungsprogrammen werden von einigen Straßenfotografen nicht gerne gesehen, da sie die abgebildete Situation verfälschen würden. Gerade bei äußerst gelungenen Kompositionen, fotografiert mit einer billigen Kamera, stört ein wenig nachträgliche Bearbeitung sicher nicht. Allerdings sollte am Bildinhalt selbst dabei selbstverständlich nichts verändert werden.

Welches Objektiv sich am besten für Streetfotografie eignet

Bei einer Kompaktkamera ist die Antwort recht einfach: hier gibt es keine Wechselobjektive, denn alles, was man zum Fotografieren benötigt, ist im integrierten Objektiv bereits dabei. Wer die Straßenfotografie jedoch professioneller betreiben möchte, für den sind Systemkameras mit Pancakes ideal. Diese flachen und oft sehr leichten Objektive mit festen Brennweiten zu 20mm oder 30mm können perfekt auf die Straßenfotografie eingestellt werden. Gerade in einer belebten Großstadt kann man sich ein paar Orte und Plätze mit architektonisch interessanten Rahmenbedingungen suchen, um schließlich mit voreingestelltem Focus in etwa zehn bis zwanzig Meter Entfernung unauffällig den Fußgänger, Radfahrer und andere in Alltagsmomenten festzuhalten. Bewegt man sich selbst auch, lässt sich also beim Gang durch die Straßen inspirieren, bietet sich auch ein etwas vielseitigeres Objektiv mit 20mm-50mm Brennweite an. Farben und Kontrast sind dort oft weniger intensiv respektive akzentuiert, doch gerade die Variation bei der Brennweite kann in bestimmten Straßenzügen ein enormer Vorteil sein. Am besten ist es wohl, wenn man ein zusätzliches Wechselobjektiv im Rucksack oder der Fototasche mit sich trägt. Dann ist jeder Streetfotograf für alle Situationen und Motive stets bestens gerüstet.

Zur Rechtslage bei der Streetfotografie

Die folgenden Hinweise sind keine konkrete Rechtsberatung. Es wird lediglich kurz auf das geltende Recht hingewiesen. Umfassende Informationen befinden sich in den erwähnten Gesetzestexten. Wie bereits oben erwähnt, gilt auch bei der Ausübung von Kunst nicht nur die künstlerische Freiheit, also all das zu tun, was der Kunst dient, womit alles erlaubt wäre. Daneben – und in besonderen Fällen über – dem Kunsturheberrechtsgesetz steht das Persönlichkeitsrecht, also das Recht am eigenen Bild eines jeden Menschen. Eine gute Straßenfotografie stellt ohnehin keine Einzelperson in den Vordergrund. Sind Menschen entsprechend nur Beiwerk und nicht Mittelpunkt, sind sie gar verdeckt oder derart von hinten oder der Seite abgebildet, das sie nicht als Individuum erkannt werden können, dann besteht keine Gefahr. Ist eine Person jedoch deutlich zu erkennen, sollte man sich vorsichtshalber eine Einverständniserklärung unterschreiben lassen. Bei Kindern wird das Einverständnis der Erziehungsberechtigten, also in den meisten Fällen der Eltern, benötigt. Das gilt selbstverständlich nur dann, wenn die Bilder künftig öffentlich ausgestellt oder kommerziell verwendet werden sollen. Die sogenannte Panoramafreiheit gilt in Deutschland allumfassend. Für eine illuminierte Aufnahme des Pariser Eiffelturms etwa wird jedoch eine Erlaubnis benötigt. Hier sollte man sich vor Antritt einer Reise über die Rechtslage im jeweiligen Land informieren. Generell gilt, dass das Fotografieren militärischer Anlagen eher zu vermeiden ist.